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Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?

Sonder- oder Gemeinschaftseigentum?

Bei gewissen Gebäudebestandteilen kommt es nach unserer Erfahrung häufiger zur Frage, ob es sich um Sonder- oder Gemeinschaftseigentum handelt und welche Auswirkungen dies auf die laufende Instandhaltung hat. Manche Elemente sind recht eindeutig. Das innere der eigenen Wohnung gehört zum Sondereigentum. Wie verhält es sich aber mit Komponenten, die quasi dazwischenliegen oder eindeutig zugeordnet sind, beispielsweise mit der Klingelanlage, Wohnungseingangstüre, den Außenfenstern oder Kellerräumen?

Was ist Gemeinschafts- und was Sondereigentum und was bedeutet das für die Instandhaltung?

1. Definition von Gemeinschafts- und Sondereigentum

Gemeinschaftseigentum wird in § 1 Abs. 5 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) definiert: „Gemeinschaftliches Eigentum im Sinne dieses Gesetzes sind das Grundstück und das Gebäude, soweit sie nicht im Sondereigentum oder im Eigentum eines Dritten stehen.“

Vereinfacht bedeutet das: Alles, was einem Wohnungseigentümer allein gehört ist Sondereigentum. Alle übrigen Gebäudeteile und Flächen sind Gemeinschaftseigentum. Dazu zählen Teile des Gebäudes, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind (§ 5 Abs. 2 WEG). Typischerweise gehören zum Gemeinschaftseigentum:

  • Grundstück, Fundament und tragende Gebäudeteile

  • Dach, Außenwände, Geschossdecken

  • Treppenhäuser, Eingangsbereiche, Flure

  • Gemeinschaftliche Keller, Waschküchen, Trockenräume, Fahrradabstellräume

  • Innenhöfe, Gärten, Spielplätze

  • Aufzüge, Zentralheizung

  • Briefkastenanlagen, Klingel- und Sprechanlagen


Jeder Wohnungseigentümer ist zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt. Außerdem ist das Gemeinschaftseigentum von den jeweiligen Wohnungseigentümern – wie der Name schon sagt – gemeinschaftlich zu verwalten.

Häufig bereitet die Unterteilung weniger eindeutiger Bestandteile des Gebäudes in Sonder- und Gemeinschaftseigentum Schwierigkeiten. Dies führt nicht selten zu Unklarheiten bei Diskussionen in der ETV.


2. Was gehört zum Sondereigentum?

In vielen Teilungserklärungen ist das Sondereigentum enumerativ erfasst. Häufig werden in längeren Listen oder Absätzen die meisten Komponenten aufgezählt, welche zum Sondereigentum gehören. Typischerweise gehören folgende Komponenten zum Sondereigentum:

  • Leitungen für Be- und Entwässerung sowie für Heizung ab dem ersten Absperrventil nach der Hauptleitung einschließlich Heizkörpern und Thermostaten,

  • nichttragende Zwischenwände,

  • Deckenputz,

  • Sanitärobjekte (Wasch- und Spülbecken, Dusch- und Badewannen, WCs, Zapfhähne und Ausgüsse),

  • Versorgungsleitungen für Strom und Gas ab dem ersten Absperrventil nach der Hauptleitung,

  • Fußbodenbeläge, Balkonbodenbeläge.


Manchmal fehlt allerdings eine solche nähere Bestimmung. Wenn die Teilungserklärung Sondereigentum nicht ausdrücklich bestimmt, richtet sich die Abgrenzung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum

  • nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und

  • der Rechtsprechung.


Das WEG definiert in § 5 nur rudimentär, welche Elemente das Sondereigentum umfassen: „Sondereigentum kann nur an abgeschlossenen Räumen gebildet werden, die in sich eine in sich geschlossene Einheit darstellen (z. B. Wohnung, Laden, Kellerabteil)“. Wohnungen bzw. Ladenlokale und dazugehörige abgeschlossene Räume sind damit automatisch Sondereigentum, da diese i.d.R. in der Teilung erklärt werden.

Da im WEG keine detaillierte Definition vorgenommen wird, findet sich einiges in der Rechtsprechung. Grundsätzlich wird das folgende Prinzip bestätigt: Was nicht ausdrücklich Sondereigentum ist, bleibt Gemeinschaftseigentum. Im Folgenden einige wichtige Urteile:

  • Sondereigentum entsteht nur durch klare Zuweisung in der Teilungserklärung (BGH, Urteil vom 20.9.2000 – V ZB 58/99).

  • Fenster (inkl. Rahmen, Verglasung, Beschläge) gehören immer zum Gemeinschaftseigentum, auch wenn die Teilungserklärung dazu keine Aussage macht (BGH, Urteil vom 2.3.2012 – V ZR 174/11).

  • Außenseite der Wohnungseingangstür = Gemeinschaftseigentum, Innenseite = Sondereigentum (BGH, Urteil vom 25.10.2013 – V ZR 212/12).

  • Belag im Balkoninnenraum = Sondereigentum, Balkonbrüstung und -abdichtung = Gemeinschaftseigentum (BGH, Urteil vom 5.7.2019 – V ZR 254/17).

  • Leitungen, die mehrere Wohnungen versorgen, sind Gemeinschaftseigentum. Leitungen ab dem „ersten Absperrventil“ oder soweit sie nur eine Einheit versorgen, können Sondereigentum sein (BGH, Urteil vom 8.7.2011 – V ZR 176/10).

  • Kellerräume können Sondereigentum sein, wenn sie in der Teilungserklärung als solches eindeutig bezeichnet sind. Ansonsten sind Kellerräume Gemeinschaftseigentum. Sondernutzungsrechte an Kellern sind zulässig, ändern aber nicht die rechtliche Einordnung als Gemeinschaftseigentum (BGH, Urteil vom 20.1.2012 – V ZR 125/11). Die Gemeinschaft kann beschließen, wie Kellerräume verteilt oder genutzt werden – das ist aber nur eine Gebrauchsregelung, kein dingliches Recht.


Schließlich können einzelnen Wohnungseigentümern Sondernutzungsrechte an bestimmten Teilen des Gemeinschaftseigentums eingeräumt werden (§ 10 Abs. 3 WEG). Ein Sondernutzungsrecht bedeutet das alleinige und ausschließliche Nutzungsrecht an einem Teil des Gemeinschaftseigentums. Rechtlich bleibt die betreffende Fläche oder der Gebäudeteil dennoch Gemeinschaftseigentum – eine Umwandlung in Sondereigentum findet nicht statt. Das Sondernutzungsrecht sorgt dafür, dass der Teil nicht mehr von allen Wohnungseigentümern genutzt werden darf. Im Gegenzug wird dem betreffenden Eigentümer i.d.R. die Pflicht zur Wartung und Instandhaltung dieses Gebäude- oder Grundstücksteils auferlegt.

Häufig geht es hier um Gartenanlagen KFZ-Stellplätze oder Dachflächen (bspw. für Solarpanels). Voraussetzung hierfür ist allerdings eine entsprechende notarielle Vereinbarung der Wohnungseigentümer über die Einräumung entsprechender Sondernutzungsrechte. In der Praxis erfolgt dies in der Regel durch eine Bezugnahme auf Pläne oder Zeichnungen, welche die Fläche, auf die sich das Sondernutzungsrecht bezieht, genau bestimmt.


3. Welche Besonderheiten bestehen bei der Instandhaltung?

Wie beschrieben, gibt es einige Grenzfälle (z.B. Wohnungseingangstüre, Teile von Leitungen etc.), welche auch die Instandhaltungspflichten berühren. Der BGH hat hierzu folgendes festgestellt: Die Teilungserklärung kann abweichend festlegen, wer für Erhaltung oder Erneuerung bestimmter Teile zuständig ist (z. B. Fenster). Aber: Sie kann die rechtliche Einordnung als Gemeinschaftseigentum nicht ändern, nur die Kostentragungspflicht (BGH, Urteil v. 9.7.2010 – V ZR 202/09).

Daher können Eigentum und Instandhaltungspflichten durchaus auseinanderfallen. Häufige Fälle sind:

  • Fenster: Gemeinschaftseigentum, aber die jeweiligen Wohnungseigentümer kann die Kosten für Erhaltung und Erneuerung auferlegt werden. Dies umfasst:

    • Innen- und Außenfensterrahmen

    • Innen- und Außenflügel

    • Verglasung

    • Verriegelungsmechanismus

  • Jalousien oder Rollläden: Gemeinschaftseigentum, aber für deren Erhaltung und Erneuerung kann der jeweilige Wohnungseigentümer zuständig sein. Gleiches gilt für Wohnungseingangstüren.

  • Nichttragende Wohnungstrennwände: Die Kosten für Erhaltung und Erneuerung tragen die beiden angrenzenden Wohnungseigentümer jeweils zur Hälfte.

  • Etc.


Bei uneindeutigen Elementen des Gebäudes lohnt es sich vor anstehenden Diskussionen die Teilungserklärung durchzulesen und sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen auseinander zu setzen. Auf dieser Basis können Eigentümer/innen in der ETV Eigentums-Grenzfälle gezielt besprechen und wirksame Beschlüsse fassen.

 

Disclaimer

Die in unseren Ratgebern enthaltenen Empfehlungen, Hinweise und rechtlichen Erläuterungen dienen ausschließlich der grundsätzlichen Orientierung. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine auf den Einzelfall zugeschnittene rechtliche Beratung nicht ersetzen. Stand der zu Grunde liegenden Informationen Q4/2025.

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