Im Wohnungseigentumsrecht werden Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft vor allem danach unterschieden, welchen Gegenstand sie betreffen. Maßgeblich sind seit der Reform 2020 vor allem drei Bereiche: Die ordnungsmäßige Verwaltung, die baulichen Veränderungen und sonstige Beschlüsse (v.a. Geschäftsordnung, Vereinbarungen mit Allstimmigkeit etc.). Welche Besonderheiten bestehen zu einzelnen Beschlussinhalten und auf was ist für Eigentümer/innen wichtig zu wissen?
Beschlussinhalte in der WEG: Auf was ist bei bauliche Veränderungen und ordnungsmäßiger Verwaltung zu achten?
Im Text des WEG finden sich Beschlussarten über verschiedene Paragrafen. Diese betreffen:
Ordnungsmäßige Verwaltung / Stimmenmehrheit,
Bauliche Veränderungen und
Sonstige Sachverhalte.
1. Ordnungsmäßige Verwaltung / Stimmenmehrheit
Zum ersten Bereich, der ordnungsmäßigen Verwaltung, zählen sämtliche Maßnahmen, die eine sachgerechte Erhaltung und Organisation des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. Dazu gehören insbesondere die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums, der Abschluss von Verträgen mit Versorgern und Versicherungen, die Aufstellung und Genehmigung des Wirtschaftsplans oder die Bestellung, Verlängerung oder Abberufung der WEG-Verwaltung. Diese Beschlüsse können i.d.R. mit einfacher Mehrheit gefasst werden und binden alle Eigentümer, da sie grundlegend für eine funktionierende Verwaltung der Gemeinschaft sind.
Auch die Verteilung von Kosten und Lasten kann durch Beschluss mit Stimmenmehrheit neu festlegt werden (z.B. abweichende Verteilungsschlüssel), wenn dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Auf diese Weise können etwa besondere Belastungen gerechter verteilt oder neue Nutzungsverhältnisse berücksichtigt werden (§ 16 Abs. 2 WEG).
Was bedeutet allerdings „Stimmenmehrheit“ in einer ETV? Die Mehrheit der Miteigentumsanteile, der Eigentümer insgesamt oder der anwesenden Eigentümer? Mit der WEG-Reform 2020 wurden zahlreiche Vorschriften geändert. Teilweise gab es bereits vorher Vereinbarungen (z. B. in Teilungserklärungen oder Gemeinschaftsordnungen), die von den gesetzlichen Regeln abwichen. § 47 WEG schafft Klarheit, wie mit solchen „Altvereinbarungen“ zum jetzigen Zeitpunkt umgegangen werden soll.
Vereinbarungen, die vor dem 1.12.2020 getroffen wurden und von aktuell gültigen gesetzlichen Regeln abweichen, sind nicht automatisch unwirksam. Sie stehen allerdings der Anwendung der neuen gesetzlichen Vorschriften nicht entgegen, sofern aus der Vereinbarung nicht ausdrücklich ein anderer Wille der Beteiligten ersichtlich ist: „Ein solcher Wille ist in der Regel nicht anzunehmen“ (WEG § 47). D.h. grundsätzlich gelten die neuen gesetzlichen Vorschriften, sofern die alte Vereinbarung nicht klar aufzeigt, dass die Eigentümer bewusst auch bei Gesetzesänderungen an der vorliegenden Regelung festhalten wollten. Dies wurde auch bereits vom BHG bestätigt (BGH, Urteil vom 21.07.2023 – V ZR 90/22).
Beispielsweise wäre die folgende Vorgabe in einer Gemeinschaftsordnung vor 2020 nicht mehr gültig: „Die Eigentümerversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 40% der Wohnungseinheiten vertreten sind“. Sofern nicht ausdrücklich geschrieben steht, dass diese Regel unumstößlich und der nachdrückliche Wille aller beteiligten Eigentümer ist, erlangt die ETV ist in diesem Fall nach § 25 Abs. 1 WEG bereits Beschlussfähigkeit, sobald ein Eigentümer in der ETV anwesend ist.
2. Bauliche Veränderungen
Einen zweiter Bereich, der weitaus interessanter aber auch konfliktträchtiger ist, sind die sog. baulichen Veränderungen, die seit der Reform in den §§ 20 und 21 WEG neu geregelt worden sind. Das ist immer dann der Fall, wenn etwas an Veränderung beschlossen werden soll, was über die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgeht. Das Gesetz unterscheidet zunächst zwischen Beschlüssen
bei denen die WEG selbst bauliche Veränderungen vornehmen will,
bei denen einem Eigentümer eine bauliche Veränderung gestattet werden soll (beide § 20 Abs. 1 WEG),
bei denen privilegierte Maßnahmen von einem Eigentümer verlangt werden (§ 20 Abs. 2 WEG) und
bei denen einer Eigentümergruppe eine bauliche Veränderung für sich vornehmen will (§ 21 Abs. 3 WEG).
Im ersten Fall will die WEG selbst bauliche Veränderungen vornehmen. Beispiele hierfür sind: Erstmalige Dämmung der Fassade, Wechsel von einer Gasheizung auf Fernwärme, Umbau und neue Ausgestaltung des Innenhofs etc. Sofern diese Veränderungen allen Eigentümern zugutekommen und deren Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile von allen Eigentümern getragen werden sollen, bedarf es einer doppelten Mehrheit (§ 21 Abs. 2 Ziff. 1 WEG). Der Beschlussantrag muss dann mehr als zwei Drittel der abgegeben Stimmen sowie die Hälfte aller Miteigentumsanteile erreichen. Sofern sich die Kosten in einem angemessenen Zeitraum amortisieren, ist an dieser Stelle ggf. auch eine einfache Stimmenmehrheit ausreichend (§ 21 Abs. 2 Ziff. 2 WEG).
Sofern ein Eigentümer bauliche Änderungen für sich selbst vornehmen will, bedarf es einen sog. Gestattungsbeschlusses. Beispiel: Ein Eigentümer möchte Außenjalousien an den Fenstern seiner Einheit anbringen. Nach WEG §20 Abs. 3 kann der „Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.“ Dies würde bedeuten, dass alle Wohnungseigentümer die auch Fenster an dieser Fassade oder dem Gebäudebereich haben, d.h. die gleiche Fassade teilen, zustimmen müssten, da diese eine Jalousie als Beeinträchtigung ihres optischen Gesamteindrucks sehen könnten. Das Gesetz sieht vor, dass der Eigentümer der die bauliche Veränderung durchführen will die Kosten zu tragen hat (§ 21 Abs. 1 WEG). Üblicherweise wird hier auch beschlossen, dass der Eigentümer die bauliche Änderung auf eigenes Risiko und unter Beachtung öffentlicher Bauvorschriften vornehmen darf. Der GdWE entstehen also keine Kosten, wenn Sie einem solchen Beschluss zustimmen sollte.
Weiterhin werden im Gesetz noch privilegierte Maßnahmen aufgelistet. Jeder Eigentümer kann verlangen, dass diese (auf eigene Kosten) gestattet werden. D.h. es gibt einen Rechtsanspruch darauf, dass diese mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden (§ 20 Abs. 2 WEG). Sofern sie verlangt werden, müssen diese beschlossen und können nicht abgelehnt werden. Die Maßnahmen umfassen mittlerweile fünf Bereiche:
Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
Einbruchsschutz,
Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität sowie
Stromerzeugung durch Steckersolargeräte.
Schließlich kann es noch zu einem Sonderfall kommen. Will eine Gruppe aus Eigentümern bauliche Änderungen für sich vornehmen, bedarf es auch eines Mehrheitsbeschlusses. Die Mehrheit bezieht sich auf die abgegebenen Stimmen. Es ist dann so, dass nur die Eigentümer, die der Maßnahme zustimmen auch die Kosten zu tragen haben (§ 21 Abs. 3 WEG). Die wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Aufzug eingebaut werden soll, den nicht alle Eigentümer nutzen wollen. Wie im vorherigen Fall, wird üblicherweise auch hier beschlossen, dass die betreffende Gruppe auf eigene Kosten die bauliche Änderung vornehmen darf. Weitere Eigentümer, der ursprünglich nicht bei einer baulichen Veränderung mitgemacht haben, kann allerdings zu eine späteren Zeitpunkt den Beitritt verlangen (§ 21 Abs. 4 WEG). Hierzu muss dann einen finanzieller Ausgleich an die ursprünglichen Beteiligten geleistet werden (z.B. anteilige Investitionskosten). Um das Beispiel fortzuführen: Nach Fertigstellung des Aufzugs darf nur die investierende Gruppe den Aufzug nutzen. Ein anderer Eigentümer (der damals nicht zugestimmt hat) möchte doch den Aufzug nutzen. Er kann dann verlangen, dass ihm dies gegen Zahlung eines Ausgleichs gestattet wird. Danach ist er gleichberechtigter Nutzer und muss auch die laufenden Betriebskosten mittragen.
3. Sonstige Sachverhalte
Schließlich gibt es noch weitere Beschlussarten, die allerdings weitaus weniger häufig auftreten und z.T. eine Allstimmigkeit erfordern. Hier ein Überblick über zwei wichtige Kategorien:
Geschäftsordnung der Eigentümerversammlung (§ 24 Abs. 6 und 7 WEG): Geschäftsordnungs-Beschlüsse für die Eigentümerversammlung dienen der Organisation und der Gewährleistung eines geordneten Ablaufs der Veranstaltung. Diese Beschlüsse betreffen i.d.R. Rede- und Antragsrechte, die Dauer von Wortbeiträgen, den Ablauf von Abstimmungen oder den Umgang mit Störungen. So ist es etwa möglich, die Redezeit auf eine bestimmte Dauer zu begrenzen, die Reihenfolge von Wortmeldungen verbindlich festzulegen oder geheime Abstimmungen für sensible Themen zuzulassen. Solche Geschäftsordnungs-Beschlüsse können mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst werden und gelten zunächst nur für die aktuelle Versammlung. Die Eigentümergemeinschaft kann jedoch auch verstetigen und eine ständige Geschäftsordnung verabschieden, die für alle künftigen Versammlungen gelten soll. Gerade in größeren Gemeinschaften kann es sinnvoll sein, klare Regeln zur Redezeit, zur Antragsbehandlung oder zum Abstimmungsverfahren festzulegen, um zeitintensive Diskussionen oder Verfahrensstreitigkeiten zu vermeiden.
Änderung der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung (§ 10 Abs. 1 WEG): Diese bedürfen der Einstimmigkeit, da Änderungen dieser Regelungen grundsätzlich nur durch eine Vereinbarung (d.h. notariell beurkundeter Vertrag) sämtlicher Wohnungseigentümer möglich sind Von diesem Erfordernis kann lediglich abgewichen werden, wenn die Gemeinschaftsordnung selbst eine sogenannte Öffnungsklausel enthält. Eine solche Klausel erlaubt es für bestimmte Fälle, Änderungen auch durch Mehrheitsbeschluss herbeizuführen und im Anschluss ins Grundbuch einzutragen. Weiterhin sieht das Gesetz in eine Ausnahme in § 10 Abs. 2 WEG vor: Jeder Wohnungseigentümer kann eine Anpassung verlangen, sofern „ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.“
Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft bilden das zentrale Instrument, um Entscheidungen über das gemeinschaftliche Eigentum zu treffen. Sie lassen sich in unterschiedliche Kategorien einteilen, und erfordern verschiedene Mehrheiten. Für die meisten Beschlüsse genügt eine einfache Mehrheit. Besonders bei den baulichen Veränderungen sollte sich jeder Eigentümer im Vorfeld einer ETV informieren, welche Konsequenzen eine Zustimmung hat und welche Stimmerfordernis vorliegt.
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